Sonntag, 9. März 2014

Rezension

Walter Flegel / Elke Hübener-Lipkau - 2010

Malvenweg

von Walter Flegel

Die Erzählungen „Unter der Schlinge“ (2009) und „Malvenweg“ (2010) sind die letzten veröffentlichten Werke des inzwischen verstorbenen Autors Walter Flegel. Der zu DDR-Zeiten bereits bekannte Autor gründete nach der Wende das Literatur-Kollegium Brandenburg in Potsdam und war zuletzt Mitglied des Verbandes Deutscher Schriftsteller.

In seiner Erzählung „Malvenweg“ begegnen wir dem Abriss-Spezialisten Martin Becke, der Häuser, Fabriken und ganze Plattenbau-Siedlungen mit der Abrissbirne dem Erdboden gleichmacht und seit seiner Jugend eine Leidenschaft für Landkarten hat. Auf seinem Weg in den verdienten Ostsee-Urlaub landet er in einem verlassenen Dorf, das auf keiner Karte verzeichnet ist. „Orplid“ steht auf dem Ortsschild am Ende des Malvenwegs. Dort trifft er auf einen Wolf, einem Kranken, einer Rothaarigen und anderen, nicht minder merkwürdigen Menschen. Walter Flegel erzählt uns eine Geschichte, in der es um Gefühle, Gegenwart und Vergangenheit geht. Doch welche Bewandtnis hat es mit seinem immer wiederkehrenden Traum von der schwarz gekleideten alten Frau, die sich vom Balkon des leer gezogenen Hauses herabstürzt?

Der Erzählung liegt eine tiefgründige Kritik an den wirtschaftlichen und sozialen Wandlungen nach der Wende zugrunde. Doch der Autor verurteilt nicht, und so siegt am Ende die Zuversicht. Mit dem Ortsnamen „Orplid“, das eigentlich Stedenhof heißt, legt Walter Flegel eine Spur zu dem, bereits 1966 verstorbenen DDR-Journalisten und Autor Ehm Welk, der insbesondere durch sein Werk „Die Heiden von Kummerow“ bekannt geworden war. „Orplid“, der Name des verlassenen Ortes, ist gleichlautend mit dem Namen des fiktiven und unberührten Landes, das Eduard Mörike in seinem Gedicht „Gesang Weylas“ beschreibt:

Du bist Orplid, mein Land!
Das ferne leuchtet;
vom Meere dampfet dein besonnter Strand
den Nebel, so der Götter Wange feuchtet.

...


Ehms „Orplid“, das ist der Kummerower Bruch aus seinen Kindertagen, der passagenweise in seinem letzten Buch „Mein Land, das ferne leuchtet“ noch einmal auftaucht, und der in der jüngsten Vergangenheit abgeholzt und aufgesiedelt worden ist. Im Gegensatz zu Walter Flegels „Malvenbruch“ zieht Ehm jedoch in seinem Buch eine eher düster - realistische Bilanz: „Unterpflügen den Dreck dieser verlogenen Sentimentalitäten von Erinnerungen [...].

Reinhard Mermi

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