Sonntag, 17. August 2014

Sonntagstext - 17.August 2014


lord, my Lord
(von Dagmar Weck)

           Wenn dich niemand beobachtet,
              fürchte dich vor dir selber (aus England).

*  zweifel


Gordon öffnet die menschengroße kunststoffkiste, er, der bestellte, ist wirklich darin, angekommen gerade eben. ‚lord’ steht auf seiner goldfarbenen jacke.

‚lord, mein auserwählter, tritt hervor’, auf Gordons befehl verlässt lord seine kiste und nähert sich dem, der ihn gerufen hat. im antlitz des lord erkennt gordon sein eigenes angesicht. lord, der nachgebildete Gordon, steht vor Gordon, dem Tatächlichen, der sein Abbild erschaffen ließ: seinen Androiden. Gordon prüft lords antlitz und errötet, eine kleine spur weicher als das des Wirklichen erstrahlt es.

‚sag es  mir, lord, Gordon stubst seinen zweitmenschen ein wenig zu fest in dessen rücken.

‚deine freunde werden deine schönheit ewig bewundern’, lord umarmt Gordon etwas unsanft. einen schritt weicht der lebendige Gordon zurück. ’meine freunde thora und robin müssen mich lieben, sie können nicht mehr an mir vorbei sehen, du bist der beweis, my lord.’

‚wahrhaftig’, my lord legt keine wärme in seine stimme.

sich selbst sieht der mit schönheit begnadete Tatsächliche an, sich allein.

 

*  splendid isolation


 
in die stadt hinein treibt es manche menschen, dort finden begegnungen statt.

‚thora, robin’, Gordon umarmt sein freunde.

‚wir haben uns eine ewigkeit nicht mehr gesehen, lieber Gordon, daisy ist auch hier’, thora will Gordon nicht loslassen. ‚meine gute thora, genug, genug’, Gordon beendet die umarmung  mit ihr. an daisy sieht er vorbei.

er schweigt zu dem neben ihm stehenden goldenen mylord.

daisy fasst sanft in Gordons gesicht: ‚es tut mir weh, dass du mich verlassen hast.’

‚du hast mich nicht genug geliebt, dich habe ich nicht verletzt, niemals.’

lord scheint sich zu bewegen, ohne befehl.

‚verloren hast du dich, Gordon’, daisy weint, ‚du kannst nicht lieben.’

‚sag es’, lords abbild klammert sich an den androiden, der jedoch weigert sich zu sprechen.

ist er doch ein lebendiger, der goldlord?
 

*  wüste


‚wir sehen uns, mein lieber’, robins und thoras hoffnung steht mitten in der  gut besuchten geschäftsstraße der stadt.

‚später’, lord und Gordon gehen, drehen sich nicht mehr um und lassen ihre freunde stehen unter fremden stadtmenschen.

 

lord und sein herr erreichen die gemeinsame wohnung, sorgfältig schließt Gordon die wohnungstür ab, zweimal.

als die sonne sich weit entfernt von ihrem balkon zurückzieht und sie beide der nacht anvertraut, zeigt sie für nur eine einzige sekunde ihr  warmes goldRot.

sie allein hat diese fähigkeit, einem menschen ist sie nicht gegeben.

lord läuft vom balkon in die Wohnung, dann wieder  zurück zu gordon, danach von  zimmer zu zimmer, unaufhaltbar.

 

Zwei gläser sekt schenkt Gordon ein , eines davon reicht er seinem abbild.

lachte dieses nicht gerade hämisch?

leise,sehr leise?

nein,niemals wird das geschehen.

Gordon kennt die ewigkeit nicht, niemand hat sie je gesehen.

 

 

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