Buchbesprechung:
edition libica ISBN978-3-903137-04-2
Ich gebe zu, ich musste nachschlagen. Nun ja, ich habe
gefunden, und außerdem ist es auch auf Seite 3 erläutert. Gut, soll ich nun den
Leser neugierig machen und ihn selber suchen lassen, was es mit dem Titel auf
sich hat?
Ja, lieber Leser, suche und finde selbst heraus, was damit
gemeint ist und vor allem: finde selbst heraus, wohin uns der Autor da führen
will. Er legt Spuren aus, denen man nachgehen kann, um dann vielleicht
hinzufinden. Da wird im Vorwort Cioran zitiert,
mit einem Satz der so allgemeingültig ist, dass es fast schon abgedroschen ist,
davon überhaupt zu reden/schreiben. Nur, das ändert nichts an seiner
Gültigkeit: „ein Buch ist nur
schöpferisch und von Dauer, wenn es mehrere unterschiedliche Deutungen zulässt.
Die Werke, die man eindeutig definieren kann, sind dem Wesen nach vergänglich.
Ein Werk lebt dank der Missverständnisse, die es hervorruft“ (Cioran,
Cashiers S 53).
Ich persönlich zitiere in solchen Fragen gerne Paul Klee,
weitaus kürzer aber um nichts exakter: „Kunst
soll nicht Sichtbares darstellen, sondern sichtbar machen“
Soweit ein Versuch, sich dem „Bukranion“ anzunähern. Doch
bevor ich mich in die Lektüre stürzen konnte, nein, mit der Lesearbeit beginnen
konnte, stolperte ich, ein „vermeintliches“
Ärgernis. Im sehr schön gemachten Buch (gute Handwerksarbeit der Druckerei und
Buchbinderei!) dachte ich gleich am
Anfang einen ärgerlicher Fehler zu finden: Da wird ein Satz aus einem Essay
von Hugo von Hofmannsthal aus dem Jahre 1987
zitiert, da war der Herr schon lange tot und zwei Zeilen später wird auf einem
Vortrag des Dichters im Jahre 1896 verwiesen.
Das dürfte nicht passieren. Ich weiß schon, man achtet beim Korrekturlesen auf
alles Mögliche, Rechtschreibung, Satzzeichen, Satzbildung und was weiß ich noch
alles, da gehen Jahreszahlen gerne einmal daneben – trotzdem ärgerlich. So dachte ich verärgert: aber siehe da: der
Autor und der Verlag haben mich korrigiert: Der Essayband ist im Jahre 1987
erschienen – also ich entschuldige mich für das in diesem Fall zu flüchtige
Lesen!
Nun aber zum Buch. Peter Miniböck legt uns Spuren an. Weh
dem, der diesen Spuren leichtgläubig folgt. Bald führt ihn die GROSSE STRASSE
DER STADT hinaus, dann wieder hinein oder du gleitest mit der Montgolfiere
langsam diese entlang, nicht ohne den Hinweis anzubringen, dass du auf solche
Art niemals in den Katakomben ankommen wirst. Wer zeigt Möglichkeiten auf, den
eigenen Standort zu bestimmen, um in DIE FERNE zu schauen, und so DIE WEITE
WELT zu sich heran zu holen... den EIGENEN STANDPUNKT akkurat zu bestimmen? ...
Gleichzeitig bietet der Autor Alternativen an, denn „von der Existenz des
BUKRANIONS nichts ahnen, weil ...(Seite 5) weil Gedichte über den Mond (was
eigentlich? Schon geschrieben sind?)
Die Niederschrift, so die Klassifizierung des Werkes durch
den Autor, gliedert sich in jeweils XXII Protokollauszüge („Aus den
Protokollen“) und Anmerkungen die sich „Aus den Aufzeichnungen“ ergeben. Diese
sind teilweise äußerst prägnant, teilweise sehr ausschweifend – eben, wie es
der Inhalt der Protokolle oder der gefundenen Aufzeichnungen verlangt. Wobei
diese nach der Angabe auf Seite 76 nur einen Teil darstellen, da insgesamt
vierzig Aufzeichnungen gefunden wurden. Diese Zahl wird dem Leser nicht so ohne
weiteres hingeworfen, der Autor macht sich die Mühe, diese Symbolzahl auch zu
erläutern. Man dankt dafür.
Im Schlussteil des Buches (Seite 78) legt der Autor eine
neuerliche Spur, die dazu verführt, nochmals von Vorne zu beginnen: „Wir haben nicht, was uns gehört, nur Worte,
wenigstens die. ...“
„Worte, eben, sonst
nichts.“
Peter Miniböck ein produktiver Autor, der regelmäßig mit
Neuerscheinungen auf sich aufmerksam macht. Wenn er, in Eigendefinition, u. a.
auch als „kultureller Nahversorger“ tätig ist und so daran arbeitet das
„Unwahrscheinliche, als das Wahrscheinliche“ sichtbar zu machen, darzustellen,
nahezubringen, dann ist diese Buch, diese Niederschrift ein zwar eigenwilliger,
aber wichtiger Beitrag dazu.
Hans Bäck, Kapfenberg
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