Dienstag, 5. September 2017

Milan Ráček: "Die Wiedergänger - oder Lenins zweite Revolution - Buchbesprechung



Milan Ráček
„Die Wiedergänger – oder Lenins zweite Revolution“
Roman aus dem Jenseits
Edition Roesner
ISBN 978-3-903059-12-2


Einst sagte Marcel Reich Ranicki nach der Lesung von Herman Burger in Klagenfurt (1985) „Ja, hätten wir einmal was“  und dieser Satz fiel mir ein, nachdem ich das Buch, eigentlich das sehr schmale Buch (was sind schon 157 Seiten für einen Roman aus dem Jenseits!) von Milan Ráček gelesen hatte. Das kleine Paket vom PODIUM, das mir Hannes Vyoral zugesandt hatte – im heißen August des Jahres 2017 – geöffnet und hineingeblättert und dann umgehend zu Lesen begonnen. Gut, 157 Seiten sind an sich bald gelesen, aber...
dann habe ich bedauert, dass nicht mehr Seiten sind, dass „es“ so rasch endet, aus ist usw. Was gibt es Besseres über ein Buch zu sagen, nach einem Lesesommer, der durchaus mit interessanter Lektüre beschickt war und zum Ausklang dann diesen Roman aus dem Jenseits bescherte.
Da muss ein Präparator mit 70 doch einmal in Pension gehen, fürchtet die Leere danach und beschließt eine sehr sorgfältig geplante Methode seines Abschieds von dieser Welt. Und, siehe da, er wird „drüben“ (oder „oben oder „dazwischen“) bereits sehnsüchtig erwartet, geht es darum einer Reihe von Mumien, den später so definierten „Erhaltenen“ fehlende oder abhanden gekommene Körperteile fachgerecht zu ersetzen. Warum das im Jenseits notwendig sein sollte? Nein, das verrate ich nicht, es ist unstatthaft alle Ereignisse eines spannenden Buches in der Rezension vorweg zu nehmen, der Leser soll ja auch den Genuss des Entdeckens haben. Jedenfalls der Präparator findet eine Unmenge an Arbeit vor, hat alle Hände voll zu tun, um einfache mumifizierte Mönche aus Palermo, Soldaten des Ersten Weltkrieges, aber auch Prominente, von denen man als Leser (und auch der Protagonist) nicht erwarten würde, sie in dieser Zwischenstufe der Seligkeit, vor der Entscheidung nach „Oben“ oder nach „Unten“ anzufinden. Wer hätte gedacht, dass derjenige, der Millionen von Opfern, den Mord an der Zarenfamilie, die Teilung der Welt usw.  zu verantworten habe, „noch“ in der Zwischenstufe anzufinden sei. Auch der Präparator hätte ihn zumindest in den Regionen des „Unten“ vermutet, doch wird er von der „Obrigkeit“ des Besseren belehrt und er beginnt sein Restaurierungswerk auch an Lenin, trotz der ursprünglichen Ablehnung der Person und der Lehre. Die Gespräche zwischen den Beiden sind indes ein Meisterwerk des dialektischen Materialismus, den hatte der Autor ja während seiner Universitätszeit in der damaligen CSSR ja studieren müssen, es macht Vergnügen zwanzig Jahre nach dem Ende des Real Existierenden Sozialismus das noch einmal in so geschliffener Form nachzulesen. Doch es ist ja nicht nur Lenin, der den Künsten des Präparators anvertraut wird, es folgen eine Reihe bekannter (Vlad III genannt Dracula, Eva Peron um zwei Extreme zu nennen) und unbekannter Mumien. Dabei ist höchst interessant zu erfahren, was denen bei der Mumifizierung angetan wurde, welche Körperteile beschädigt wurden, und ganz spannend, welche Methoden derzeit angewendet werden, wie auch hier die Entwicklung fortgeschritten ist, was heute möglich ist, um Körper für eine „Ewigkeit“ die ja so ewig nicht sein wird zu erhalten.

Genug der Hinweise und Vorwegnahmen, es gibt nur einen Ratschlag: Du lieber Leser, kauf das Buch, die € 24,90 sind gut angelegt, und vor allem, Du wirst das Buch immer wieder zur Hand nehmen (und nicht nur dann, wenn Du wissen willst, wie es in der Ewigkeit zugeht).
Milan Ráček, hat hier eine Kostbarkeit, eigentlich von einem Autor seines Ranges zu erwarten, vorgelegt. Schön, dass es das gibt!



Hans Bäck
Kapfenberg
PODIUM Mitglied,
PEN Trieste

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen