s p e n c e 1 3
von Dagmar Weck
“Sie dürfen so spät nicht mehr in
der Stadt herumgehen”, als Harryweist
das Namenschild den schwarz gekleideten
Mann aus, derunerwartet
vor Vicky steht.
Schwarz
in sternenschwach besetzter Bochum-Nacht steht er da,der
städtische Finsterling, Gefühle haben die Stimme dieses Mannesverlassen.
Vicky
sieht den Mann an, schaut in das hell beleuchtete Schaufenster des
Haushaltwarengeschäftes neben ihr.
„Warum
nicht?“ Vicky nimmt zu Harry eine Beziehung auf.
„Weil
wir dich bewachen müssen, dich und jeden einzelnen Bewohner von B-10 wollen wir
beschützen, so spät nachts bekommt Ihr nur Angst hier draußen.“
Panik,
die Vertraute der Angst, breitet in Vicky ihre mattkalten Arme
aus.
„Angst,
die habe ich nicht“, Vicky lügt, sie will nicht ihrer Realität überführt
werden.
„So
wollen wir euch haben“, Harry lacht in unbeweglicher Sicherheit,
„Gefühle
werden eliminiert in dieser Stadt, sie heißt ab morgen B-10, das reicht.“
„Spence,
wir müssen morgen früh fertig sein“, Harry ruft zu Spence, der
in
dem Schaufenster rote Teller und Tassen, auch gelbe und leuchtend-
orangefarbene,
auf ein Transportwägelchen lädt.
Spence
in seiner schwarzen Uniform mit hellsilberner Kappe empfängt
andere
Teller, Tassen in schönen Formen, in vielen Größen auf einem
zweiten
Transportwägelchen.
Etwas
fehlt, Spence dekoriert diese notwendigen Sachen sorgfältig,
etwas
macht Angst, etwas ist nicht da, die Sachen, die den Bürgern
Freude
bereiten, sind beige oder grau, ebenso alle Bestecke.
Spence
schaut Vicky kurz an, einen Augenblick von Trauer lässt er erkennen.
„Bis
morgen, Harry“, Vicky gibt sich untraurig.
„Morgen
wird alles anders sein, Vicky“, Harry dreht Vicky seinen Rücken
zu,
„du wirst B – 10 nicht mehr verlassen können.“
B
– 10 verlässt ihre Bürger.
Vicky
geht und erreicht ihr geliebtes Lokal „I Belong“, um noch einen Wein zu trinken
vor dem Morgen.
Zwei
weiße Neonbuchstaben über der dunkelroten Eingangstür des
„
I Belong“ beweisen den neuen Namen des Lokals, sein warmherziger alter Name ist
seiner Existenz beraubt, „I – B „ heißt es nun, das ist alles.
„Du
darfst hier so spät nicht mehr eintreten, Vicky, und auch nicht mehr
allein
auf der Straße sein.“
Spence
– 13 steht auf der Stirn der distanzlos vor Vicky stehenden in dieser Nacht
silbern strahlenden Spence-Maschine mit roten Augen, sie, die wirklich
handelnde, erschütternd groß konstruierte Maschine entfernt mit ihrer weichen
einer Menschenhand enttäuschend ähnlich nachgebildeten Hand Vicky langsam, sehr
langsam aus der Nähe des
„I
– B“.
Keine
Sterne gibt die Nacht mehr frei, Vicky täuscht sich nicht, sie tröstet sich mit
der Wärme ihrer eigenen Tränen.
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