Liebe
Literaturinteressierte!
Wenn ich diese Zeilen schreibe, steht der Bachmannpreis 2013 gerade in den
Startlöchern. Die Ergebnisse werde ich daher in einer sep. Aussendung
kommentieren. Nur soviel einmal vorab: Die Nachricht, dass der ORF aussteigen
möchte, erreichte mich weitab im fernen Süditalien, aber sofort nach meiner
Rückkehr habe ich die Protestnote des Gerhard Ruiss der IG Autoren
unterschrieben. Es wäre ja wirklich ein Witz, aber würde zur österreichschen Befindlichkeit
passen, wenn die Durchführung des Bachmannpreises geopfert werden müsste. Nur
weil mit der Olympiade und der Fußball-WM Fernseh-Großereignisse anstehen, die
dem armen ORF soviel Geld kosten! Na ja, das passt ja gut zu meiner ständigen
Jammerei, das Match Kultur gegen Sport ist in der Öffentlichkeit und damit in
der Förderung alles andere als ein Bewerb mit gleichen Voraussetzungen. Es ist
nur anzunehmen und zu hoffen, dass der Herr ORF-Generaldirektor heuer in
Klagenfurt mit oder weniger mit stolzgeschwellter Brust bekannt gibt, dass der
Bachmannpreis in den nächsten Jahre doch noch gerettet sei. Der Preis dafür?
Lieber nicht nachdenken! Denn das ORF-Orchester, eines der bedeutendsten
Orchester für Neue Musik steht auf dem Sparplan. Fällt dem Generaldirektor
nicht ein, vielleicht, die blöden und öden Doppelkommentatoren bei den
Großereignissen im Schisport beispielsweise einzusparen. Warum müssen
ausrangierte ehemalige „Spitzen“sportler bei den Ereignissen ihren Senf
dazugeben? Diese Freunde habe jahrelang mit den Werbe- und Preisgeldern
ordentlich Kohle gemacht, mit einem Steuersatz von dem Normalsterbliche in
Österreich nur träumen können (25% Höchststeuersatz für deren Einkünfte!),
müssen sie daher vom gebührenfinanzierten Rundfunk noch weiter unterstützt
werden?
Ja, der Hans Bäck jammert immer und haut auf die Sportler hin! Es geht aber auch
anders, liebe Freunde. Da hat der neue französische Präsident die Reichensteuer
mit 75% eingeführt (eh nicht lange, musste sie bald wieder zurück nehmen), aber
das Bemerkenswerte daran, diese Reglung galt auch für die Groß-Fußballkubs in
Frankreich! Das ist schon einmal ein Beispiel! Wenn ich mir das in Österreich
anschaue – Förderungen bis zur Insolvenz der Vereine, bei jeder dritten
Gemeinderatssitzung in unserer Stadt steht wieder eine „einmalige Förderung der
Kapfenberger Sportvereinigung – Sektion Fußball“ am Programm. Einmal ist es ein
Tribünenbau, dann eine Fußbodenheizung im VIP-Bereich, dann ein Tribünenrückbau
(weil sie abgestiegen sind), usw, alles einmalig!
Doch zu anderen Dingen: Da gab es im Hörfunk einmal eine
Sendung über Billy Wilder. Der
erzählte davon dass er eines Nachts einen tollen Traum hatte, wach wurde und
sich dachte, den muss ich mir aufschreiben, das wird das Thema für meinen nächsten
Film! Am Morgen las er dann den Zettel und machte sich auf die Suche nach einem
entsprechenden Drehbuch. Auf dem Zettel stand „Boy meets Girl“ – so einfach
können die Einfälle sein.
Arno Geiger sagte vor kurzem: Sprache soll nicht falsch
sein, sondern präzise und Präzision
gehört zu den acht Dingen eines Schriftstellers!
Es ist etwas Biederes in die Literatur eingezogen, kommt das
daher, dass immer mehr Schauspieler, Moderatoren, Buchhändler, Verlegen glauben
es besser zu können? Oder sind die Texte der div. Schreibwerkstattabsolventen
handwerklich so gut geworden, dass sie austauschbar sind? Scheren sich nicht
mehr um die Sprache sondern nur um die Markttauglichkeit? Margit Schreiner sagte in der Literatur brauchen wir keine
politische Korrektheit und Marktorientierung, sondern Leute die schreiben, was
sie sagen wollen, selbst wenn sie das nicht dürfen! Danke Fr. Schreiner!
Daher die Überlegungen den „Mohr im Hemd“ abzuschaffen? Nun ja, als Kalorienbombe gehörte er
eigentlich eh schon lange eliminiert! Aber seien wir ehrlich: die Versuche
Entgleisungen, Rassismus usw. sprachlich zu steuern hat etwas hilfloses an
sich, es kann doch die Probleme nicht aus der Weltschaffen, wenn ich nur mehr
vom Farbigen oder Afrikaner oder Roma rede aber innerlich der gleich Saupartl
geblieben bin! Wir schaffen damit neue Wortungetüme und geben den Übelmeinenden
neue Angriffe in die Hand um sich darüber herzumachen und die alten
Ressentiments unter neuem Gewand anzubringen.
Der Feminismus
war ja eine notwendige Strömung und doch hat er in vielen Belangen geirrt. Ist
es nicht egal, ob nun von Studentinnen und Studenten gesprochen wird, es aber
nur eine einzige Rektorin gibt? Und ob das der Kassenfrau im Supermarkt das
Leben leichter macht?
Der Aktion die Spitze aufgesetzt hat aber einer
Zeitungsnotiz, dass gerade das Binnen I
also, die StudentInnen, die SchülerInnen, die KollegInnen, die
SchriftstellerInnen usw. verpönt seien. Man solle sich doch dieses Binnen I
einmal genau anschauen, es ist doch ein eindeutiges Phallussymbol! Hurra! Jetzt
haben wir es! Die Welt steht noch lange! Wenn solche Blödheiten behauptet
werden dürfen, kann die Uhr noch nicht abgelaufen sein! Wenn das Abendland zu
solchen intellektuellen Glanzleistungen
fähig ist, dann dürfen wir noch viele geistige Errungenschaften
erwarten!
Etwas noch, die neueste Masche, den Menschen zu helfen: Essen zu Gunsten der Obdachlosen! Da
kommen die richtigen, die wahren Werte zum Vorschein! Nicht mehr die
Gutmenschen, die mit ihrer grauslichen Gutmenschlichkeit den Bestmeinenden auch
noch die Laune verderben. So kommen die Schirmherren (natürlich auch die
Schirmfrauen) derartiger Aktionen endlich zur Geltung! Gutes tun mit Genuss!
Was bringt es, wenn wir über dem Leid der Welt in Gram und Schmerz zerfließen?
Elend ist die Chance für eigenen Lustgewinn!
Am 27. April in Wien war es soweit: Hineinhauen in die
Stelzen, Schweinsbraten, Kalbsnierndln, die Sacherorten, Cremeschnitten,
Austern schlürfen und Kaviar löffeln, Champagner trinken auf Menschenliebe komm
raus. Was wohltut, das ist wohlgetan!
Lassest uns essen für die Hungrigen, Saufen für die
Durstigen, reich sein für die Armen, es ist ja schließlich zu ihren Gunsten!
Kommen wir zur Literatur im engeren Sinne, wobei ja diese
oben erwähnten Schmankerl ja durchaus Anregungen für Literatur sein könnten –
siehe Billy Wilder. Oder, wie Michael
Scharang schrieb: „Um zu urteilen, bedarf es einer klaren Sprache ohne Lüge
und Phrase und nicht einer „politisch korrekten“ Sprache. Die ist keine
Errungenschaft, sondern ein Mindeststandard. Die Debatte über die politisch
korrekte Sprache führt von der Sache so weit weg, dass man das Ergebnis
durchaus als erstunken und erlogen bezeichnen kann.“ Danke Kollege Scharang!
Reibeisen Nr. 30
ist erschienen und wurde auch bereits fleißig an die Interessenten (und
hoffentlich damit an die Leser gebracht. Das Echo war ausschließlich positiv:
regional, national und international. Sepp Grassmugg hatte ein wichtiges
Gespräch mit unserem neuen/alten Bürgermeister, vielleicht werden die Zusagen eingehalten
und wir bekommen im kommenden Jahr tatsächlich mehr Zuschüsse für unsere
Arbeit.
Noch stehen einige Präsentationen bevor: 27.September in
Graz, 12. Oktober in Piran (Slowenien), 31. Oktober in Berlin und 4. November
in Kiel. Fein, die Zusammenarbeit mit unserer deutschen Redaktion trägt
Früchte, vielleicht klappt es auch noch mit einer Präsentation in unserer
Partnerstadt Frechen!
Reibeisen Nr. 31:
Einsendetermin ist vorbei, Sepp Grassmugg sammelt und sortiert bereits die
eingelangten Beiträge. Demnächst beginnt die Kopierarbeit und dann treten
wieder unsere Juroren in Aktion.
Der Schwerpunkt liegt 2014 u. a. auf unserem Nachbarland
Ungarn, weiters wollen wir auch ein wenig die Arbeitswelt in der Literatur
darstellen. Auch dazu gibt es schon eine
Reihe von Texten bzw. Textzusagen. Über den Feuilletonteil zerbricht sich die
deutsche Redaktion schon den Kopf, es sieht also so aus, dass auch Heft 31 –
2014 wieder eine tolle Ausgabe wird.
Übrigens 2014: Da gibt es wieder eine Biennale in Kapfenberg, damit kommen wir unserer Verpflichtung
nach, die Neuerscheinungen unserer Mitglieder zu präsentieren. Und ich kann
eines bereits verraten: Das ist eine ganze Menge! Unsere Mitglieder sind höchst
produktiv!
Um diese Nachlese(n) nicht immer so umfangreich zu machen,
verzichte ich darauf, die Buchbesprechungen
und –empfehlungen zu wiederholen. Sie sind auf unserer Homepage nachzulesen,
dort werden sie auch sofort nach Erscheinen aufgenommen. Und ich freue mich
immer, wenn ich ein neues Buch finde, lese, begeistert bin. Dann möchte ich
meine Begeisterung weitergeben und andere Menschen animieren, dieses Buch zu
lesen.
Ich lade Sie ein, auf unserer Homepage www.europa-literaturkreis.net
zu schmökern und holen Sie sich Anregungen zu einem Sommer mit viel Lesestoff!
Termine:
Ich möchte noch darauf hinweisen, am 8. August starten
Literaturkurse mit Christine Teichmann (Prosa), Ruth Barg und mir (Lyrik) im
Rahmen der Aflenzer Kunstwochen.
Siehe dazu www.aflenzer.kunstwochen.at
Besonders hinweisen möchte ich darauf, dass im Rahmen einer großen öffentlichen
Schlussveranstaltung die erarbeiteten Texte vorgestellt werden. Gemeinsam mit
den übrigen Teilnehmern an den Kunstwochen (Maler, Fotografen Tänzer, Musiker)
wird ein großer, schöner Abend im prachtvollen Ambiente der alten Propstei
gestaltet. Wer weiß, vielleicht sind bei den Teilnehmern der Literaturkurse
neue Reibeisenautoren dabei? Ich sag es frei nach Karl Farkas: „Schauen Sie
sich das an!“
Der zweite Termin bezieht sich ebenfalls auf eine Weiterbildungsveranstaltung für Autoren:
vom 10. bis 13.Oktober sind wir in Slowenien in Piran /Hotel Fiesa. Dabei ist
der Prosakurs mit Karl Mittlinger bereits ausgebucht, bei Reinhard Mermi –
Lyrik sind noch einige Plätze frei. Interesse? Bitte sofort mit christine.teichmann@aon.at Kontakt
aufnehmen! Wir haben eine gemeinsame Busfahrt organisiert, so dass niemand
Sorge wegen der slowenischen Autobahnmaut, Fahrt mit dem eigenen Auto im
Ausland, Promilleproblemen usw. haben muss.
Ein Sir ist abgetreten. Walter
Jens, langjähriger Juror in Klagenfurt, ständiger Widerpart von Marcel
Reich Ranicki und – fast - immer auf Seiten der Autoren, verstarb von wenigen
Wochen. Geboren 1923 in Hamburg, als Literat, Kritiker, Historiker und
Übersetzer tätig, lange Jahre Präsident des PEN-Deutschland. War er seinerzeit
bei der Gruppe 47 wegen seiner beißenden Kritik gefürchtet, so ganz anders in
Klagenfurt. Und nicht einmal konnte Humbert Fink, der Anreger und Gründer des
Ingeborg Bachmannbewerbes, als Moderator nach einer zorngeschwellten Rede von
MRR ankündigen: „Es kommt was kommen musste: Walter Jens“ Danke für die vielen
interessanten Gespräche, aber auch für die Bücher aus seiner Feder. Ich möchte
dabei nur auf einziges hinweisen: „Der Fall Judas“ (1975) Darin behandelte
Jens, der überzeugte Christ und Pazifist in einem fiktiven
Seligsprechungsprozess den Fall des Judas Iskariot.
Die Klagenfurter Rede zur Literatur, diesmal von Michael Köhlmeier gehalten – eine
berührende Gedenkrede für den früh verstorbenen (und in Klagenfurt
„hingerichtet“) Autor Jörg Fauser. Verbunden mit einer Abrechnung mit jenen,
die „dabei sind den Bachmannpreis abzumurksen“.
(Im Internet unter www.bachmannpreis.eu
nachzuhören)
Herzliche Grüße aus der sommerlichen Steiermark!
Hans Bäck
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