Gedichte von Friederike Krassnig
ISBN-978-3-9500299-7-0
Es ist ein Abenteuer, 2015/2016 einen Band mit Gedichten
herauszubringen. Und es ist noch mehr Abenteuer, wenn diese Gedichte
keinesfalls dem „Mainstream“ entsprechen. In einem persönlichen Briefchen
erläutert die Autorin auch ein wenig ihre Beweggründe. So ist zu entnehmen,
dass dies auch ein persönliches Geschenk zu ihrem eigenen 85. Geburtstag sei.
Dazu, liebe Friederike Krassnig, einmal vorab die herzlichsten Glückwünsche und
senden Sie uns für das Reibeisen noch recht lange Ihre sehr geschätzten Gedichte,
wir freuen uns jedesmal darüber.
Eingeleitet wird der Band von einem Gedicht der Enkelin, die
hiemit auch bezeugt, dass die sprichwörtlichen Äpfel nicht weit von den Stämmen
fallen – schön, dass hier womöglich eine Tradition weiterlebt. Wir sind gespannt
auch von Mira Jana Krassnig weiteres zu lesen!
Natürlich, der flüchtige Leser wird womöglich die Nase
rümpfen - ‚das sind doch Gedichte aus einer fernen, vergangenen Zeit!’ Na und?
Wenn sie so gut gemacht und gekonnt sind, wie diese Sammlung von Texten der
Autorin, die ja auf eine reiche Schaffenszeit zurückblicken kann, liest man
gerne ein wunderschönes Gedicht über die Mondraute oder die Kugeldistel, die
Trauerhasel. Wenn Friederike Krassnig den Reim verwendet (selten genug), dann
kann der Leser sicher sein, „sie kann es“ das ist kein hilfloses Reimgeklingel,
sondern da stimmt Rhythmus, Silbenzahl und Metrik. Meist aber schreibt die
Autorin in freier Sprache und doch gelingt es ihr dabei, die Poesie z. B. eines
Tatoos, eines Piercings einzufangen und wiederzugeben. Die verwendete
Strophenform ist keine, um dem Leser eine Poesie vorzutäuschen, da werden
keine Prosasätze aneinander gereiht und durch willkürliche Zeilenschaltungen
Gedichte vorgetäuscht. Nein, diese Art von Leserbeschwindelung hat Friederike
Krassnig nicht nötig. Ihre Poesie, geschöpft aus einem langen erfüllten Leben
als Schriftstellerin, begründet aus einem genauen Hinschauen und Hinhören in
die Natur, ist ohne gekünstelte Modernität, sie ist aber trotzdem von einer
atemberaubenden Aktualität. Wenn ihr auch das bildliche Wahrnehmen der Natur
durch ihre fortschreitende Erblindung immer weniger möglich wird, so kann sie
aus einem reichen Bilderfundus schöpfen und dies dem Leser vorlegen.
Stellvertretend für viele Texte in dem schmalen Bändchen, möchte ich ein
Gedicht hier vollständig wiedergeben, dass meines Erachtens die Sprache und
Bildkraft der Autorin beispielhaft wiedergibt:
Vogelleicht
Federnblitze
Im Wandschatten
Zaubern in
Mauerrisse
Nester
Meiner Gedankenbrut.
Sie skizziert
Im Zeitraffer
Noch Leben
In den Nachthimmel
Im Zeichen des Widders
Der traumhaft
Sichtbar wird
Für tagblinde Augen.
Mögen die tagblinden Augen der Friederike Krassnig noch
lange viel aus dem Inneren schöpfen und uns in so schönen Texten vorlegen. Und
möge die Enkelin Mira Jana der Großmutter noch gerne zur Seite stehen und
helfen, dass wir von Beiden zu lesen bekommen!
Hans Bäck
Kapfenberg
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