Karl Plepelits
„Unterwegs in
Spanien“
Iatros-Verlag ISBN 978-386963-351-0
Eines weiß ich bestimmt: Spanien werde ich nie besuchen! Es
ist zu befürchten, dass in jeder zweiten Stadt eine abgelegte Jugend-, Reise
oder Altersliebe des Autors auftaucht und alle Österreicher (so sie männlich
sind) nach dem Verbleib ihres untreuen Karl befragen will.
Doch nein, so arg ist es diesmal mit dem Reiseleiter gar
nicht. Sehr zahm, fast keusch ist eine zarte Liebesgeschichte in die
unendlichen Beschreibungen und Schilderungen der „Fiestas, Pilger und
Kathedralen“ – wie es im Untertitel heißt – eingebaut.
Ja, die Schilderungen, Beschreibungen, in einem Buch
mindestens 25 einschlägige Reise- und Kunstführer zusammenzufassen, das muss
man erst einmal zusammen bringen. Karl kann es und wie. Ob aber alle seine
fiktiven Reisenden, die er als professioneller Reiseleiter durch die Lande
schleppt, so und jederzeit in die immer wieder geschilderten
Begeisterungsstürme ausbrechen, da während einer stundenlangen Busfahrt dann noch
die achtundzwanzigste römische Brücke, das dreizehnte maurische Castell
auftaucht, die neunte gotische Kathedrale von ferne lockt, also da habe ich so
meine Zweifel. Aber es kann ja sein, dass ich noch nie eine derartige Reise
mitmachte und vor allem einen so profunden Reiseleiter zur Verfügung hatte.
Meist war es so, dass ich die Reisenden über Sehenswürdigkeiten aufklären
durfte, da der beigegebenen Reiseleiter dazu nicht in der Lage war. Aber das
ist wieder eine andere Geschichte.
Ermüdend
ist es auf die Dauer, Seite für Seite in immer neuen Superlativen geschildert
zu bekommen, was es an Baudenkmälern, Museen, Galerien usw. zu sehen,
besichtigen gäbe.
Auch wenn sich die geschilderten Reisen über mehr als
sechzig Jahre hinziehen, und der Autor es ziemlich exakt vermeidet, ein und
dieselbe Sehenswürdigkeit wiederholt zu beschreiben. Da ist er sehr sorgfältig
zu Werke gegangen – dank sei ihm dafür!
Undank sei ihm aber für verschiedene Eigenheiten, die sich
in fast allen Werken des Autos wiederholen. Wieso kann er nicht gleich exakt
angeben, was besucht wird, sondern der Leser muss in einem Nebensatz erfahren,
um was es bei dieser Station eigentlich wirklich handelt; ein einziges Beispiel
von vielen: „Zuerst besuchten wir Salvador Dali, vielmehr sein Theatermuseum.“
Und dass einen die Autobahn in rascher Fahrt nach Tarragona bringt, ist
vielleicht eine spanische Einrichtung, technisch eher unmöglich. Doch das nur
so nebenbei. Ich gebe zu, die
aufgezählten und beschriebenen spanischen Kostbarkeiten konnte ich nicht auf
Richtigkeit überprüfen, dazu fehlen mir die entsprechenden Reiseunterlagen,
Kunstführer usw. Es gibt aber sicher Leser, die mit dem Baedeker am Nebentisch
die Aufzählungen überprüfen werden.
Ja, wenn
ein so versierter Autor seine Spanien-Erlebnisse über einen Zeitraum von
sechzig Jahren niederschreibt, dann bin zumindest ich gespannt darauf zu
erfahren, wie sich in dieser Zeit das Land, die Menschen verändert haben.
Immerhin gehen die Beschreibungen noch aus der Zeit der Franco-Diktatur über die
Rückkehr zur Monarchie und Demokratie und dann letztlich dem Beitritt zur EU.
Bestimmend für die letzten Jahre wären ja die Auswirkungen der Finanzkrise, die
bekanntlich Spanien besonders hart getroffen hatten. Doch hält der Autor sich
hier zu sehr zurück. Man liest fast
nichts über die riesigen Probleme im Zusammenhang mit der geplatzten
Immobilienblase, den ungeheuren Zerstörungen der schönsten Landschaften durch
einen Bauboom sondergleichen. In Nebensätzen werden die Jugendarbeitslosigkeit
angeschnitten, die Hoffnungslosigkeit einer ganzen Generation bleibt
ausgeklammert, der Dauerkonflikt der Basken und nunmehr auch der Katalanen wird
wohl erwähnt, doch was dahinter steckt, wie die einzelnen Landesteile die
Lösungen sehen würden, denn die Unabhängigkeit anzustreben wird wohl zu wenig
sein. Da hätte der Leser, den außer der Stadt Zamora mit 24 romanischen Kirchen
auch die Fragen des heutigen Spaniens interessieren, noch viele Fragen an den
Autor. Aber es wird ja wohl so sein, dass die Urlauber heute, sich bei einer
entsprechend angekündigten (Kunst-)Reise für die Sehenswürdigkeiten
interessieren und für die brennenden sozialen Fragen kein Interesse mehr
zeigen. Ich stelle mir vor, dass allein der Besuch der Stadt Guernica, das
Geschehen dort und damit das Gemälde von Picasso in einem Buch an die zehn wenn
nicht zwanzig Seiten erfordern könnte. Das wäre dann aber ein anderes Buch, das
gebe ich schon zu.
Reisender,
willst Du Spanien auf eigene Faust erkunden, dann kann ich Dir das Buch von
Karl Plepelits empfehlen, willst Du Dir den Kauf von verschiedenen Kunst- und
Reiseführern ersparen, dann ebenfalls! Da hast Du in einem einzigen Werk alles
beisammen!
Höchstens Hinweise auf empfehlenswerte Hotels, Restaurants
und Campingplätze sind hier nicht enthalten – aber auch das wäre wieder ein
anderes Buch geworden.
Hans Bäck
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