Dzieciństwo w Polsce –
Dzieciństwo w Niemczech. Proza
i Poezja Kindheit in Deutschland –
Kindheit in Polen.
Prosa und Gedichte
Liebe Freunde, Kollegen und Literaturinteressierte.
Ja,
das war es. Drei Lesungen, drei unterschiedliche Städte, wechselnde Autorinnen
und Autoren, aber immer ein interessiertes Publikum, konnte ich erleben. Und
immer „unendlich“ lange Lesungen. Polen ist als „literaturverrücktes Land“
bekannt, noch während der kommunistischen Zeit war es üblich, dass Gedichtbände
mit einer Startauflage von 15000 Exemplaren erschienen sind (und die wurden
auch gekauft), aber auch in Berlin und Potsdam haben die Besucher/Zuhörer
ausgehalten. Eine Lesung über fast drei Stunden ist eigentlich – nach gängiger
Ansicht – dem Besucher nicht zuzumuten. Doch, doch, es klappte, auch wenn
während der Pause auch einmal Einer (Eine) verschwand, blieben die Reihen doch
gefüllt. Die Diskussion nach jeder Lesung zeigte auch das Interesse der
Menschen. Das Interesse an der Literatur, aber auch an den Autoren und deren
Erzählungen. Auch der österreichische „Exote“ und sein Beitrag wurden
hinterfragt und behandelt.
Die Lesungen gehen ja noch weiter, bis zum 5.
Dezember wird noch an 12 Stationen gelesen und diskutiert. Es zeigte sich, dass
die Kindheit, egal ob die Nachkriegs-, Aufbaukindheit oder jene der „ruhigeren“
Jahre behandelt wurde, das Interesse weckte und zur Stellungnahme
herausforderte. Nicht nur einmal wurde mir von anwesenden Damen gesagt, „ja so
ähnlich haben wir und unsere Mütter diese Zeit erlebt“ Dabei ging es der
Veranstaltungsreihe nicht um Chronik (ein wenig schon auch), sondern darum,
bestehende Grenzen abzubauen. Es gab diese Grenzen zwischen Polen und
Deutschland, es gibt sie teilweise noch immer, jahrhundertelang ist man sich
gegenseitig nichts schuldig geblieben, hat Schuld angehäuft und vergessen diese
abzutragen. Nun, ein kleiner aber wesentlicher Beitrag ist damit geschehen. Der
ehemalige Kultusminister von Brandenburg Dr. Enderlein wies in Berlin und
Potsdam darauf hin, dass es an der deutschen Seite liege, mit dem Abtragen des
Schuldberges fortzufahren und sich nicht darauf zu verlassen, es seien nun
andere, neue Generationen tätig. Als Lücke empfand ich es, dass gerade von der
polnischen Seite meine Generation überhaupt nicht vertreten war, ist das noch
womöglich eine Grenze, die besteht???
Kommen
wir zum literarischen Teil der Lesungen. Natürlich, es lässt sich nicht über
einen Kamm scheren, dazu sind die Stilarten, die literarischen Formen, die
behandelten Themen zu unterschiedlich. Aber der Herausgeber Heinrich von der
Haar hat es tatsächlich geschafft, ein hohes Niveau aller Beiträge
sicherzustellen. Auch wenn es sich manchmal um Texte handelt, die durchaus dem
Experiment zuzuordnen wären, die impressionistisch angehaucht, Lyrik und
erzählende Prosa, berührende Lyrik zu Auschwitz, erhebende, beruhigende
Kindheitserinnerungen – alles hatte wohlgeordnet Platz bei den Lesungen und in
der Anthologie. Um der noch immer vorhandenen negativen Polung und der
weitgehenden Sprachlosigkeit über die Grenzen hinweg zu begegnen, wie der
Herausgeber betonte. Sagen wir es einmal sehr beckmesserisch: Wenn auch bei den
Texten kein einziger DAS alles überragende Meisterwerk ist, so ist die
Gesamtanthologie durchaus ein solches!
Was
bleibt? Eine Fülle von Freundschaften, Kontakte mit Autoren aus Polen für unser
Reibeisen (wir hatten ja schon eine ganze Reihe polnischer Autoren in den
vergangenen Jahren) und die Idee, das Verlangen, dies fortzusetzen. Es gibt ja
auch bei uns in der Steiermark Menschenschicksale, die den Geschilderten
gleichen: Zerstörung, Zerfall, Vertreibung, Flucht und Neuanfang. Und das sind
nicht nur die Heimatvertriebenen des Zweiten Weltkrieges (die auch, deren
Schicksale wäre ebenfalls literarisch aufzuarbeiten, historisch hat das Dr.
Josef Kaltenböck in den früheren Reibeisen bereits gemacht), das sind die
vielen „neuen Bürger“ in unseren Städten, diejenigen, die als Gastarbeiter
kamen und geblieben sind, da sind die vielen Menschen mit Migrationshintergrund
und deren Kinder, die unsere Volksschulklassen bevölkern. Da wären Schicksale
aufzuarbeiten, da wären aber auch Grenzen abzuarbeiten. Beginnen wir damit,
bevor es Schuldberge werden. Mit der albanischen Community gab es ja schon
einen ersten Versuch in Kapfenberg, das wäre fortzusetzen, zu erweitern. Und es
wäre schön, nein, es wäre notwendig und anständig, auch Kollegen, die in der
Anthologie vertreten sind, zu uns einzuladen. Ein wenig Geld müsste man dafür
in die Hand nehmen, vielleicht bei den Sitzen im neuen Eisstadion ein wenig
einsparen (die Sitze im VIP Bereich etwas weniger luxuriös gestalten) und dafür
sagen wir einmal € 10 000 für ein Literaturtreffen Polen/Deutschland/Steiermark
und unsere neuen Bürger vorzusehen und zu budgetieren. Ich kann persönlich
garantieren, die Kollegen würden nicht in 1. Klasse der AUA oder LOT sondern in
der normalen Touristenklasse anreisen – womöglich auch als Gruppenreise per
Bahn. Sie sind ja bescheidene Dichter und keine Politiker, die es gewöhnt sind,
auch auf Reisen verwöhnt zu werden.
Was
bleibt: Eine Freude, erst einmal überhaupt als Österreicher eingeladen zu sein,
dann auch die Möglichkeit zu erhalten, an den Lesungen teilzunehmen. Eine neue
Stadt – Krakau – kennen zu lernen und dabei Vorurteile abzubauen. Vorurteile,
die letztlich dahin gingen, naja Polen und der Osten überhaupt. Ich habe Krakau
als eine Musterstadt kennen gelernt, eine Stadt, deren Besuch zu empfehlen ist
(auch den Kommunalpolitikern in D und A), die einfach wunderschön und gepflegt
und sauber ist. Ich habe Freunde getroffen, die einfach wunderbare Literatur
schaffen, trotz aller sprachlichen Schwierigkeiten kontaktfreudig sind und
weltoffen. Es waren beglückende Erlebnisse in drei unterschiedlichen Städten
mit interessiertem Publikum und spannenden Gesprächen über die vorgelesene
Literatur. Und genau das meine ich, sollte nicht auf diese einzige großartige
Lesereihe beschränkt bleiben. Kapfenberg rühmte sich einst (Dr. Mikesch ist
diesbezüglich nachzutrauern) eine Kulturstadt zu sein, immerhin schaffte es Kapfenberg
in den Jahren des einsetzenden Wiederaufbaues, eine Musikschule zu gründen,
eine Stadtbücherei aufzubauen, (ganz Kärnten har bis heute noch keine
vergleichbare), Künstlerförderung zu betreiben durch gezielte Ankäufe von
Kunstwerken, und Kulturtage abzuhalten, welche damals internationale Bedeutung
hatten und entsprechendes Echo fanden (ohne eigenartige Bewegungstherapien in
den Straßen Kapfenbergs). Trotzdem in einer Zeit, in der die Heimatvertriebenen
noch in Baracken hausten, die Werksanlagen zum Großteil noch zerstört waren,
die Infrastruktur neu aufzubauen war, es wurde auf die Kultur nicht vergessen.
Ja, auch auf den Sport wurde auch damals nicht vergessen. In Zeiten großer
Sorgen und beschränkter Mittel wurde Großes geschaffen – in Kapfenberg, in der
Steiermark, in Österreich. Es wäre schön, wenn wir in Anthologien nicht einmal
schreiben müssten, ja damals...
Mit dieser großen Hoffnung verbleibe ich mit meinem
Rückblick auf eine spannende und großartige Lesereise!
Hans Bäck
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