Montag, 20. April 2015

Was man alles nicht dürfte ...

(von Hans Bäck) 


Einst wurde lautstark vor Publikum und per Radioübertragung gedonnert: „Es müsste in der deutschen Literatur verboten werden, über Liebe, Mond und Venedig zu schreiben“ 
               und es wird nach wie vor geschrieben

Nun wird verlangt, dass Bücher womöglich gendergerecht geschrieben werden, bei Sachbüchern, die auf Förderungen angewiesen sind, erfolgt das ja schon,
               in der Belletristik geschieht das nach wie vor nicht

In einem Roman zu schreiben, dass irgendjemand eine Cola trinke, sei kapitalistisches Productplacement und dadurch unanständig
                        Und es wird trotzdem geschrieben

In einem Text jemand nach einer Zigarette greifen zu lassen, womöglich zur berühmten Zigarette danach, ist Verführung zu Suchtverhalten und zumindest in der genannten Form sexistisch und müsste verboten werden
                        Und es wird trotzdem geschrieben

In einer Erzählung davon zu schreiben, dass der Protagonist ein Glas Whisky trinke oder mit Freunden mit Wein anstoße ist ebenfalls Verführung zu Suchtverhalten und daher zu verbieten          
                        Und es wird trotzdem geschrieben

In einem Roman von einem bezaubernden langen Damenbein zu schreiben ist sexistisch und daher zu unterlassen
                        Und es wird trotzdem geschrieben

In einem Artikel davon zu schreiben, dass die Israelis gegenüber den Palästinensern ein Recht auf Selbstverteidigung hätten, ist politisch uncorrect und daher zu unterlassen
                        Und es wird trotzdem geschrieben

In einem Roman zu erwähnen, dass Staaten auf Grund ihrer Kultur und Geschichte unterschiedliche Formen der Aufgabenlösung haben ist rassistisch und daher no political correctness
                        Und es wird trotzdem geschrieben

In einem Gedicht von Veilchen und blühenden Sträuchern zu schreiben, mit Adjektiven um sich zu schlagen, ist literarisch überholte Romantik und daher zu unterlassen
                        Und es wird trotzdem geschrieben

In einem Text davon zu schreiben, dass sich in einer Szene Mann und Frau lieben ist für gleichgeschlechtlich Orientierte diskriminierend und daher unstatthaft
                        Und es wird trotzdem geschrieben

Alle, die da meinen, uns Schreibenden Vorgaben machen zu müssen, was wir zu schreiben hätten, wie etwas geschrieben sein müsste, was wir beim Schreiben zu beachten und zu unterlassen hätten, merkt euch das: Klettert von Euren Bäumen der Erkenntnis herunter und denkt daran, dass alle Formen der ZENSUR von uns Schreibenden missachtet werden müssen. Werft uns literarische Fehler vor, Plagiate, aber sonst haltet den Mund und lasst uns schreiben!!!


Aus gegebenem Anlass sehr verärgert Hans Bäck
 

1 Kommentar:

  1. Sehr treffend, was der Kapfenberger Buchautor Hans Bäck da schreibt.
    Seine Worte führen mich in die Städtische Bücherei des Kapfenberger Volksheims der 50er Jahre, als plötzlich alle Karl-May-Bücher aus den Regalen verschwanden.
    Es hat sich nie jemand darüber geäussert. Jahrzehnte später verstand ich den Grund zur Entfernung jener Abenteuerbücher, die uns in der Vorpubertät zur Seite lagen: Karl May erzählte uns Buben von einem weissen Jäger, der sich in den edlen Indianerhäuptling Winnetou verliebt. Oder waren es andere Rothäute, die den Roten Kapfenbergs nicht in den Prospekt passten? Keiner von uns wurde durch die Karl-May-Bücher schwul, wenn ich das so sagen darf!

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