Konzert
von Insa Segebade
Am Dienstag ist es wieder soweit. Der Botschafter
steigt aus den Höhen des Vatikans herab, um mit Mercedes und Leibwächter bei
der Villa Massimo vorzufahren. Durch den von Zypressen umsäumten Kiesweg, der
von dickbäuchigen Vasen aus Ton flankiert wird. In runden Schalen brennen
Feuer, die flackernde Schatten auf den Skulpturenpark werfen. Die Figuren aus
weißem Marmor schimmern matt im Dunkeln. Von Moosen und Flechten überwuchert,
wirken die Statuen bei Tageslicht weniger erhaben und majestätisch. Da fällt
auf, dass dieser Dame die Nase fehlt, jener ein Auge, einer anderen gar der
ganze Kopf.
Die Musiker demonstrieren dem Publikum, wie
schrill eine Querflöte klingen kann und dass auch eine nette Klarinette
problemlos die Grenze menschlichen Schmerzempfindens überschreiten kann. Die
Erwachsenen halten sich wacker. Die Kinder sind ehrlicher. Erst lachen und
grinsen sie. Dann hält sich der Achtjährige die Ohren zu und verzieht das
Gesicht. Das sechsjährige Mädchen schaut flehend seinen Vater an. Der zeigt
sich einsichtig. Nach der Pause bleiben ihre Plätze leer. Auch der des
Botschafters. Ein wichtiger Termin, Sie verstehen. Der Rest versucht, gelassen,
dabei höchst interessiert auszusehen. In Gedanken schon beim kalten Büfett, das
als Belohnung im Foyer wartet.
Der Dicke mit dem Stoppelhaarschnitt in der
bayerischen Lederhose macht ein Schläfchen. Wenn es den anderen in den Ohren
schmerzt, macht er eine unwirsche Bewegung mit der Hand, als verscheuche er
eine Fliege, die zu dicht vor seinem Gesicht fliegt. Dann kippt das Doppelkinn
wieder auf den buntbestickten Kragen seiner Trachtenjacke. Er ist zu beneiden,
dieser Mensch.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen