Warten auf Beckett
Sprachminiaturen von Rudolf Kraus
(Verlagshaus Hernals, ISBN978-3-902975-37-9)
Gut, dass im Anhang Hinweise sind, wer die Personen
waren/sind, welche in den Miniaturen vorkommen. So ist es auch Maturanten der
österreichischen Schulen möglich zu erfahren, wer beispielsweise Wislawa
Szymborska, Giordano Bruno oder Johannes Urzidil waren. Der Rezensent hatte im
Jahre 2015 erlebt, dass sechs Maturanten aus fünf Klassen einer Handelsakademie
mit dem Namen Rainer Maria Rilke nicht anzufangen wussten. So ist es
begrüßenswert, dass auf diese Art Nachhilfeunterricht erteilt wird. Wobei zu
befürchten steht, dass jene, welche die Nachhilfe brauchen würden, diese
Sprachminiaturen gar nicht in die Hand bekommen. Als nächste Befürchtung äußert der Rezensent,
dass die Damen und Herren mit einem Text wie „wenn die fackel brennt/blenden
die wahren heuchler/mit sanfter zunge“ gewidmet Karl Kraus auch nicht viel
anfangen könnten. Na ja. Lassen wir das, das Jammern über das Niveau der
österreichischen Schulbildung ist nicht Gegenstand einer Rezension eines Werkes
von Rudolf Kraus.
Fünfunddreißig „Sprachminiaturen“ legt Kraus nun vor. Für
Geister, Widmungen, Dedikationen, zu gedichtet und Freundschaft überdauert die
Zeit (amicitia vincit horas) ist einmal eine „grobe“ Einteilung – darf man bei
diesen Texten überhaupt von „grob“ schreiben oder auch nur daran denken? Aber
ja, Kraus spricht aus, was es ist – beispielsweise in der Widmung an Giordano
Bruno: „Unhörbar schrie er/zum himmel/aufblickend/als man ihn verbrannte. Diese
Sprachminiaturen sind geschliffen, aber nicht glatt, abweisend. Geschliffen im
Sinne von bearbeitet, und gerichtet. Zielgerichtet, wie es eigentlich in der
Lyrik kaum mehr vorkommt. Es ist nichts im Nebel der Wörter verborgen, aber es
sind wunderbare und kraftvolle Bilder welche der Dichter uns anbietet: „der
schlaf hat innere augen/und mit welchem auge du dann siehst/entscheidest nicht
du/etwas kommt unerwartet/unermesslich einzigartig/gespenstisch/wie ein nie
erlebter/nie dagewesener/kuss (der Beginn einer „Zudichtung“ an Henry Miller).
Da haben wir schon etwas in der Hand, das einmal über die
Lektüre eines Sommerabends hinaus geht.
Ein Bändchen, das man gerne liegen lassen kann, es nicht sofort in den
Bücherschrank einordnen muss und immer einmal zur Hand nimmt. So an einem
ruhigen Abend, mit einem Glas Wein oder im Gedanken an Vergangene, Vergangenes
wie den Klub der 27.
Rudolf Kraus, kraushaarrudi auch genannt, ein höchst
produktiver Autor aus Niederösterreich in Wien und Bad Fischau lebend, erfreut
und überrascht immer wieder mit Miniaturen, wie er bereits einmal in einem Band
angekündigt hatte: „Ein Ende ist nicht abzusehen“ Fein, lieber Kollege! Wir
warten drauf!
Hans Bäck, Kapfenberg
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