Donnerstag, 31. Dezember 2015

"Im Licht der fünf Monde" - Eine Buchbesprechung



Die Autorin: Insa Segebade
Fantasyroman von Insa Segebade 
ISBN 978-3-943271-06-5 Verlag Kikue (Kinder an der Küste)

Oh Gott, ein Fanatsy-Roman! So war meine erste Reaktion als ich den Band erhielt. Wir haben alle in unserer Jugend die Sciencefiction Romane gelesen, die damals aktuell waren, ich erinnere mich an Hans Dominik „Atom Gewicht 500“ und andere. Natürlich Jules Verne, aber der liegt wohl in einer anderen Liga.
Jedoch Fantasy, womöglich „Herr der Ringe“, „Harry Potter“ nein, das kam nicht in meinen Stapel der noch zu lesenden Bücher. Nun aber, „Im Licht der fünf Monde“ und zeitgleich eine Einladung zur Arbeitstagung des FDA in Mülheim/Ruhr, die sich mit dem Thema „Fantasy – Genre zwischen Mythos und Manga“ beschäftigen wollte. Die Bahnfahrt von der Steiermark ins Ruhrgebiet sollte mir die Zeit geben, mich mit dem Buch von Insa Segebade zu beschäftigen. Sollte. Ich gestehe, ich habe stattdessen Umberto Ecos „Null-Nummer“ gelesen.
Dann kam die Tagung.
Überraschung: Das ist eine Nische der Literaturwissenschaft, mit der „man“ sich bereits an Unis beschäftigt. Schau schau!
Doch ein wenig mit System: was fehlt bei Insas Buch? Nun, es gibt keine Schwerter in Raumschiffen mit denen Außerirdische bekämpft werden müssten – ein Pluspunkt!
Was gibt es bzw. was fehlt nicht:  Nun, sie schafft und beschreibt eine Welt, in der durchaus menschliche Gefühle, Emotionen, Empathien usw. vorkommen, auch Hunger, Durst, Schlaf spielen eine Rolle und trotzdem ist es eine andere Welt. Eben, eine fantastische Welt, eine exotische Welt, die den Rahmen für die Entwicklung von Beziehungen, Hierarchien, Gesellschaften bildet. Das Personal ist einerseits durchaus menschlich (Prinzessin Prinama, der Held Trajor) und entwickelt auch überaus menschliche Gefühle füreinander, anderseits wimmelt es von Wesen die eben jenen anderen Welten zuzuordnen wären.  Sie entwickelt eine interessante „Ökonomie von Gut und Böse“, sie spielt mit den uralten Mythen der Menschheit. Es wäre natürlich möglich, den Interessenten von derartiger Literatur an die Schriften des europäischen Mittelalters zu verweisen, doch wer hat schon Zugang zu diesen kostbaren Pergamenten. Da ist es schon  einfacher, der Leser nimmt beispielsweise ein anderes Buch von Umberto Eco zur Hand und vertieft sich in den „Baudolino“ . Da gibt es alles, was die moderne Fantasy-Literatur braucht: Basilisken, Wesen mit einem Bein, die sich rasch und hüpfend fortbewegen (Skiapoden, Schattenfüssler), die Blemmys, das sind die Wesen, welche keinen eigenen ausgeprägten Kopf haben (der Mund ist am Bauch angesiedelt) und viele andere mehr. Alles Wesen, welche die Menschen des Mittelalters in den fernen, für sie unerreichbaren Ländern angesiedelt hatten. Wir kennen das, entweder aus der Lektüre  des genannten „Baudolino“ oder aus den unglaublichen Mosaiken des Fra Pantaleone in der Basilika von Otranto in Apulien. Jene fernen, unbekannten Welten wimmeln von Wesen, die wir uns in den (Alb-)Träumen vorstellen. Sie leben, hausen, vegetieren in weiteren Zwischenwelten, die uns unzugänglich sind, aber bevölkert von Zwergen, Elben, Fischmenschen, usw. das gesamte mittelalterliche Bestiarium steht ja den Autoren der Fantasy-Literatur zur Verfügung.
Und Professore Eco bietet ja genügend Stoff, Material und Personal.
Doch zurück zum „Licht der fünf Monde“ Es ist alles vorhanden, was der eingeweihte Leser derartiger Literatur erwartet: Die unvermeidlichen Konflikte zwischen Protagonisten und Antagonisten, der Imperator auf der fernen, uneinnehmbaren Burg, die aus erlesenen, kostbaren Gestein erbaut wurde und trotzdem verwundbar bleibt. Sie hat Geheimgänge, Falltüren, geheimnisvolle Mechanismen, die sogar die Naturgesetze außer Kraft setzen können und trotzdem spielt die Vernunft, das rationale, logische Überlegen des Helden eine entscheidende Rolle im Kampf mit den Zweifeln, den Schwierigkeiten die sich auftürmen (im wahrsten Sinne des Wortes). Die gekonnte Verschachtelung von Erzählsträngen bietet der Autorin die Möglichkeit ihre perfekte Beherrschung des handwerklichen zu demonstrieren. Sie kann mit dem Mobiliar das von ihr angesammelt, verwendet wird durchaus geschickt umgehen. So gelesen, macht es direkt Spaß „Im Licht der fünf Monde“ zu wandeln, an der Hand von Insa Segebade und erleben, wie Prinzessin Prinama ihre Trajor ... nein, das verrate ich nicht, das wäre unfair der Autorin und den Lesern gegenüber. Man möge sich durchaus frohgemut auf die Reise durch die Anderswelten machen, Insa ist eine gute Reiseführerin dabei.

Obwohl, ich gestehe es (und habe kein schlechtes Gewissen dabei), nach dieser Lektüre griff ich wieder zu Umberto Eco und lese mit großer Freude, die fantastischen Erlebnisse des Baudolino an der Seite des Kaiser Friedrich Barbarossa und auf seiner Reise in das Reich des Priesters Johannes. Auch das ist Fantasy aller erster Güte und ebenfalls durchaus empfehlenswert. Spannend ist auch die Spurensuche, was findet sich wieder, bei den Autoren der Fantasy-Literatur und was kommt im Mittelalter bereits vor, mit dem Umberto Eco meisterhaft jongliert.

Hans Bäck, Kapfenberg

Donnerstag, 24. Dezember 2015

Adventskalender 24. Dezember 2015 - Weihnachtsabend



himmelwärts
von Manfred Friedrich Kolb

wie kam die botschaft
zu dem kind
das nichts sein wollte
als unbekümmert
und voller staunen
über diese welt
doch sein auftrag
ließ es den boten fragen
nach dem woher
und dem wohin -
der engel aber schwieg
und zeigte himmelwärts


Alte Bilder werden wach. Ein Stern leuchtet am Firmament über dem Dach.
Maria und Josef an der Krippe. Der Atem von Esel und Rind wärmen das Kind.
Hirten kommen herzu und die Weisen. Der Wind streift an der Herberge vorbei
mit Weihrauch und Myrrhe. Visionen bewegen die Herzen. Sie tragen das Geschehen durch die Jahrhunderte, tragen es wie einen Schatz durch Erdbeben,
Dürre, Überschwemmungen, Hungersnöte und Kriebe bis zu uns.
Friedensgedanken blühen auf in der Erinnerung an die Geburt des Kindes. 
(Manfred Friedrich Kolb)


Allen Lesern des Blogs und allen Literaturfreunden wünsche ich ein fröhliches Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr!

Reinhard Mermi
(Blogredaktion)
 


Mittwoch, 23. Dezember 2015

Adventskalender 2015 - Türchen Nr. 23


 
Der Weihnachtsstern 
von Franz Graf von Pocci



Von Osten strahlt ein Stern herein
mit wunderbarem hellem Schein,
es naht, es naht ein himmlisches Licht,
das sich in tausend Strahlen bricht!
Ihr Sternlein auf dem dunklen Blau,
die all ihr schmückt des Himmels Bau
zieht euch zurück vor diesem Schein.
Ihr werdet alle winzig klein!
Verbergt euch, Sonnenlicht und Mond,
die ihr so stolz am Himmel thront!
Er naht, er naht sich von fern-
von Osten her- der Weihnachtsstern.

Dienstag, 22. Dezember 2015

Adventskalender 2015 - Türchen Nr. 22



Warten
von Insa Segebade
 
Das Café des Arts ist eines der ältesten Cafés in der Stadt. Die hohen Wände des rechteckigen Raums mit dem Kuppeldach erinnern an die Wartehalle eines Bahnhofs um die Jahrhundertwende. Hohe Fenster, durch die die letzten Strahlen einer untergehenden Sonne fallen. Holzvertäfelungen an den Wänden, mit Schnitzereien übersät. Vögel, Blumenranken, Farne, unheimliche Fabelwesen. Die Tische sind symmetrisch angeordnet. In vier Reihen durchlaufen sie den gesamten Raum. Erst die Theke aus schwerem, dunklem Holz gebietet ihnen Einhalt. Drei schmale Gänge sind frei, durch die Kellner in schwarzen Anzügen hin und her eilen.
Ich sitze an einem kleinen Tisch mit einer blütenweißen Tischdecke. In der Mitte der Längsseite, die gegenüber der Eingangstür liegt. Der lange verschnörkelte Zeiger der großen Bahnhofsuhr, Relikt einer vergangenen Zeit, steht kurz vor der Sechs. Um halb acht wollte er mich hier treffen. Das war seine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Die erste seit fünf Jahren.
Ein Kellner mit makellosem Teint und zurückgekämmten, pomadeglänzenden Haaren kommt an meinen Tisch. In Cafés oder Restaurants mit Kellnern in schwarzen Anzügen und weißen Tischdecken habe ich mich schon immer unbehaglich gefühlt. Das sind die Orte, an denen man sein Glas mit dem Ärmel vom Tisch fegt oder nicht weiß, wie man seinen Salat essen soll. Meine Eltern mochten diese Restaurants. Oft saß ich zwischen ihnen in meinem Sonntagsstaat auf hohen, unbequemen Stühlen. Weiße Teller mit Goldrand auf gestärkten Leinen. Da war diese Kartoffel, die ich mit der Gabel zerquetschen wollte. Sie sprang vom Teller über das weiße Leinentuch, wo sie einen braunen Soßenfleck hinterließ, auf den Teppich. Ich beugte mich über meinen Teller und hoffte, niemand hätte es bemerkt, als auch schon ein befrackter Kellner herbeisprang, stirnrunzelnd die Kartoffel aufhob und mit spitzen Fingern in einen Abfalleimer hinter der Theke fallen ließ.
Ich frage mich, warum er mich in diesem Café treffen will. Damals gingen wir in Kneipen mit zerkratzten und fleckigen Tischen, auf denen verschütteter Kaffee nicht auffiel. Komisch, dass ich dort nie etwas verschüttet habe. Ich bestelle einen Cappucchino. Mit aufgeschlagener Milch, fragt der Kellner. Mit Sahne, antworte ich, obwohl ich Cappucchino immer mit aufgeschlagener Milch trinke. Ich schaue dem Kellner in die Augen, lächle ihn an, während ich nach einem Glas Wasser frage. Er erwidert meinen Blick, lächelt zurück und registriert mit einem Nicken die Bestellung. Dann wendet er sich mit dem gleichen Lächeln an den Nachbartisch.
In einer Wandnische steht eine Figur aus Holz. Sie thront auf einem Messingblock und starrt mich aus schwarzen Augen an. Die braun lackierten Haare umschließen das kalte Gesicht wie eine Löwenmähne. Dann sehe ich die feinen Risse an ihrem Körper, die an einigen Stellen die Lackschicht gesprengt und kleine Farbpartikel abgestoßen haben. Und sind die kleinen, dunklen Löcher auf den gefalteten Händen nicht die Spuren eines Holzwurms?
Ich summe das Lied mit, das der Klavierspieler anschlägt. "People". Früher habe ich es oft gehört, gesummt, gesungen. Das Richtige für traurig-melancholische Stunden. Wie sieht er jetzt aus? Werden wir uns fremd geworden sein? Abgestumpft nach dem erst verdrängten, irgendwann auch verarbeiteten Trennungsschmerz? Der lange Zeiger der Bahnhofsuhr ist jetzt steil nach unten gerichtet. Ich schaue auf die Eingangstür.

Montag, 21. Dezember 2015

Adventskalender 2016 - Türchen Nr. 21



Zeitbote
von Richard Mösslinger

Ursprünglich war ich rund und grün,
man band aus Reisig mich,
in mich stach man vier Kerzen rein,
ein Bändchen schmückte mich.
Ich wurde auf den Tisch gestellt,
kam meine Zeit heran,
sie setzten sich um mich herum,
fingen zu singen an.
Wenn dann die erste Kerze brannt’
war’s wahrlich noch sehr weit,
bis dass es Heiligabend war
mit Baum im Lichterkleid.
Heut’ gibt es mich schon vielerart
aus Plastik, Holz und Glas,
s’ sind manchmal schön, auch kitschig oft –
trotzdem erzähl’n sie das,
was ich als schlichter Kranz verkünd’t,
als ’s sie noch gar nicht gab,
sie warten, wie ein jedes Kind
brav auf die Weihnachtsgab’.
Dann ist die Aufgabe erfüllt,
der Christbaum herrscht allein,
egal, woraus wir hergestellt,
wir werden einsam sein.
Ihr habt uns sicherlich erkannt
und wisst, wie man uns nennt.
A.........    sagt man stets zu uns,
uns gibt’s nur im Advent!

Sonntag, 20. Dezember 2015

Adventskalender 2015 - 4. Adventssonntag - Türchen Nr. 20



JOHANN SEBASTIAN BACH - WEIHNACHTSORATORIUM,

AMSTERDAM BAROQUE ORCHESTRA & CHOIR

DIRIGENT T. KOOPMANS,

WIEN, KONZERTHAUS, 30. NOVEMBER 2007
von Peter Mitmasser

Hell strahlen die Lichter,
festliche Gesichter,
teuer die Kleider,
die Plätze auch, leider.
Chor und Orchester
Koopmans als Bester,
besingen Gott und das Jesukind.
Ein jeder das Mitleid des Herrn find’t.
Ergriffen und stumm,
lauscht das Publikum.
Die Chöre verklingen,
müssen weiter singen,
denn der Jubel ist groß.
Der Mensch geborgen im Schoß
des Glaubens an Gott und sein Erbarmen.
Doch nun hinaus aus dem wohlig Warmen.
Noch von der Musik erbaut und satt
findet schon der Kampf um die Pelze statt.
Zwei Mädchen am Tor um Spenden ersuchen:
Sie können nur wenig Hilfe verbuchen.
Die Menschen drängen und stoßen hinaus,
schließlich ist das Oratorium ja aus.
Das Erbarmen ist im Saal geblieben
Draußen muss man den Nächsten nicht mehr lieben.



Samstag, 19. Dezember 2015

Adventskalender 2015 - 19. Türchen




Lied im Advent
von Matthias Claudius (1740-1815)

Immer ein Lichtlein mehr
im Kranz, den wir gewunden,
dass er leuchte uns so sehr
durch die dunklen Stunden.

Zwei und drei und dann vier!
Rund um den Kranz welch ein Schimmer,
und so leuchten auch wir,
und so leuchtet das Zimmer.

Und so leuchtet die Welt
langsam der Weihnacht entgegen.
Und der in Händen sie hält,
weiß um den Segen!