Dienstag, 27. September 2016

Buchbesprechung: "Schaukelnd im grünen Atem des Meeres



Gedichte
von Irène Bourquin
Waldgut Verlag,  8500 Frauenfeld CH
ISBN 978-3-03740-655-7



Die Machart der Bücher aus dem Waldgut-Verlag habe ich bereits einmal erwähnt (Besprechung des Gedichtbandes von Ivo Ledergerber), ich stehe aber nicht an, hier zu wiederholen: Es zeigt auch den Respekt eines Verlages vor seinen Autoren, wie die Bücher „auf den Markt“ gebracht werden. Das ist neben allen geschäftlich-wirtschaftlichen Voraussetzungen auch ein Alleinstellungsmerkmal. Die handwerklich perfekte Machart – auch dieses Buches – erfreut den Leser. Ein Vergnügen, ein gut und schön gemachtes Buch in Händen zu halten. Naturgemäß schlägt sich das auch im Preis nieder, den Qualität kostet eben. Dafür hat „man“ etwas in der Hand, das auch haptisch und optisch ansprechend ist.
Doch nun zu den Gedichten von Irène Bourquin. Eine schon etwas reifere Autorin, die erst relativ spät mit dem Schreiben begann, wie man das auf der Homepage der Autorin verfolgen kann. Aber es ist erwartbar, dass eine Vielreisende, wie den Titeln der Gedichte zu entnehmen ist, die Landschaften, Städte, Begegnungen in ihrer Lyrik erfasst. Natürlich könnte man sofort beckmesserhaft einwenden, ach ja, die Reiseerinnerungen, den ersten Seestern am Strand, den Sonnenuntergang an der Cote d’Azur, die Liebesküsse unter Platanen, und was es an Klischees alles gibt.  Doch nein, das erspart die Autorin dem Leser. Wenn auch schon einmal die Brandung donnern muss, der bleiche Halbmond oder die einsame Möwe vorkommt, dem Rezensenten, der den meisten Adjektiven in der Lyrik herzlich abgeneigt ist, fällt es halt dann schwer, diese Stellen nicht anzustreichen. Doch, wenn sie im Zusammenhang mit den Textbild stehen, werden sie sogar für mich tolerierbar (und das will schon was heißen!!). Darüber im Rahmen einer Rezension zu diskutieren, ist aber nicht angemessen, es genügt, das es festgehalten ist. Ja, es gibt auch diese Zeilen, wo wunderschöne Bilder (wie im Val Bavona Gedicht) vorkommen, aber in Form von Prosasätzen aneinander gereiht sind. Macht die Strophenform ein Gedicht aus, oder sollte nicht die Poesie auch in den einfachen Sätzen, Bilder durchscheinen? Viele Stellen, viele Gedichte als Ganzes, zeigen, dass die Autorin dies sehr wohl beherrscht, sogar perfekt die Poesie sprechen lässt: Als Beispiel seien hier nur die Gedichte unter dem Titel Cavaliere (Seite 30, 31, 32) oder Porquerolles (Seite 33) angeführt. Das IST Poesie! Sehr schön und begeisternd! Ein Beispiel für einen Prosasatz, der trotzdem unglaublich poetisch ist: Im Mistral/stehen nur/die Windmühlen/stramm/die Bäume/verneigen sich/alle. Da ist es schwierig, das gebe ich gerne zu, diese Poesie noch zu vertiefen, es wäre aber bei dem Können der Dichterin Versuche wert.
Ein Gedichtband mit 60 Seiten ist natürlich mit € 28,- ist nicht gerade wohlfeil, jedoch die Schönheit der Gedichte korreliert bestens mit der gediegenen handwerklichen Machart des Buches – ich würde es unter „Volltreffer“ einreihen.

Hans Bäck

Samstag, 17. September 2016

Buchbesprechung: "Von der Liebe"



Ivo Ledergerber
Waldgut Verlag CH 8500 Frauenfeld
ISBN 978-3-03740-112-5



Ich mag Gedichte.
Ich mag Gedichte, wenn sie in schön gearbeiteten Büchern aufscheinen.
Ich mag Gedichte, wenn sie von der Liebe sprechen.
Ich mag Gedichte, wenn sie den Vollmond beschwören.
Ich mag Gedichte, wenn sie in einem schmalen Band wir dem vorliegenden verlegt werden.
Dann kann es schon einmal sein, dass ich mir denke, da gibt es irgendwo in der Schweiz einen Verlag, der Gedichte im Handpressendruck und Fadenheftung herausgibt, der sich mit Sorgfalt der Umschlaggestaltung widmet, dann könnte es schon einmal sein, dass ich bei einem oder anderem Gedicht ein Auge zudrücke.
Aber, wenn ich den Gedichtband von Ivo Ledergerber aus dem Waldgut Verlag in der Hand habe, dann ist meine Zufriedenheit vollkommen. Da stören keine Satzfehler, da stören keine blöden, unnötigen Grafiken am Umschlag, da ist einerseits das vollendete, gut gemachte Gedicht, und anderseits eine handwerkliche Gestaltung, die man heute suchen muss. Glücklich ein Dichter, der für seine Gedichte einen Verlag findet, der mit solcher Sorgfalt und Respekt vor dem Text an die Arbeit geht.

Da ist nun die Einführung schon länger geworden, als die gesamte Rezension?
Nein, liebe Leser! Es ist noch nicht zu Ende. Da warten Köstlichkeiten und auch die eine oder andere Kostbarkeit auf dich! Wenn beispielsweise genau im ersten Gedicht der Torso als die Leere die großen der Gesten der Peinlichkeit entlarvt. Oder wenn in den folgenden, vielen Liebesgedichte jede Peinlichkeit ausgeklammert ist. Oder, Ist es nicht peinlich, wenn sich ältere Menschen ihre Liebe gestehen? Ist es nicht peinlich, wenn das Clementinengefühl am Gaumen Gewöhnliches hinterlässt, weil es keine Mandarine war?
Ist es nicht peinlich, wenn dir gesagt wird, dass du bald alt, aber immer noch schön bist, besonders, wenn du entspannt liegst? Nein, das ist nicht peinlich, das ist schön!

Kann man von den wollenen Strümpfen schreiben und den scheußlichen Röcken, den weißen Socken, Lachsdessous, wenn man schon älter ist , als es unsere Eltern waren?

Man kann alles, wie sagte schon Erich Fried: Es ist, was es ist, sagte die Liebe!

„Anzurufen
hat keinen Sinn,
sie ist nicht dort.
Wo soll nun hin,
dass ich sie liebe,
sie hat keinen Anrufbeantworter,
aber jetzt, genau jetzt,
möchte ich ihr sagen
ich mag dich sehr,
ich muss es ihr sagen,
genau jetzt!“

Ich könnte noch Vieles zitieren, doch soll das Büchlein ja gelesen, gekauft werden. Ich werde daher keine weiteren Beispiele mehr geben, ich möchte aufmerksam machen, lieber Leser, da gibt es etwas, das es so eigentlich gar nicht mehr geben sollte. Natürlich, es gibt moderne Lyrik, auch moderne Liebeslyrik, sogar „modernere“, aber verzeihen Sie, es ist schön, so gute und im besten Sinne „altmodische“ Gedichte voll Farben, Ausdruck und Können zu lesen.
Ivo Ledergerber, Schweizer, Autor vieler Bücher, studierte Theologie, Deutsche Literatur und Erziehungswissenschaften und arbeitete auch als Mittelschullehrer. Ein vielsprachiger Autor mit Kontakten zu Dichtern in Mazedonien, dem Kosovo, Albanien, Italien, den Maghreb, Spanien, Frankreich und Polen vielleicht auch bald zu Österreich, wenn dieser Gedichtband auch hierzulande seine begeisterten Leser finden wird.



Hans Bäck

Europa Literaturkreis Kapfenberg



Samstag, 10. September 2016

Veranstaltungshinweise für den Oktober 2016



                                     

Offener Leseabend

Mitglieder des Europa-Literaturkreises Kapfenberg lesen neue Texte. Anschließend besteht die Möglichkeit, in lockerer Atmosphäre darüber zu diskutieren.
Auch die Besucherinnen und Besucher dieser Veranstaltung sind eingeladen eigene Texte mitzubringen, zu lesen und gemeinsam zu besprechen.

Termin:           Donnerstag, 06. Okt. 2016
Beginn:           19:00 Uhr
Ort:                 KUlturZentrum, Mürzgasse 3 / 2.Stock


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Literaturcafé

Gespräche über literarische Gedenktage, Vorstellung neuer Bücher, u. v. m.
Diesmal besprechen wir u. a. Leben und Werk von Christine Nöstlinger (80. Geburtstag)
und Elfriede Jelinek (70. Geburtstag).
Natürlich besteht auch für Gäste die Möglichkeit, ihre Lieblingsbücher und Lieblingsautoren vorzustellen.

Termin:           Donnerstag, 20. Okt. 2016
Beginn:           18:00 Uhr
Ort:                 KUlturZentrum, Mürzgasse 3 / 2.Stock


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Internationale LiteraturBiennale 2016

Zahlreiche Autorinnen und Autoren aus mehreren europäischen Ländern treffen sich in Kapfenberg, um hier ihre Bücher vorzustellen.
Neben Buchpräsentationen und Lesungen werden auch Schreibwerkstätten angeboten.
Genauere Infos unter: www.europa-literaturkreis.net

Termin:           Freitag, 28. Okt. 2016
Ort:                 KUlturZentrum und Schulen in Kapfenberg

Termin:           Samstag, 29. Okt. 2016
Ort:                 Südsteirisches Weinland und Literaturhaus Graz

Termin:           Sonntag, 30. Okt. 2016
Ort:                 Café Palmars, Kapfenberg







Für Rückfragen: Sepp Graßmugg  0664/4238514  josef.grassmugg@aon.at

Buchbesprechung: "Der Weisheit letzter Schuss"



von Klemens Renoldner
 Sonderzahlverlag ISBN 978-3-85449-454-6


Klemens Renoldner legt nach Romanen, Erzählungen und vor allem Arbeiten u. a. zu Stefan Zweig wieder einen köstlichen Band mit Erzählungen vor. Doch stockt der Rezensent, sind Kurzabrisse von knapp 2 Seiten Erzählungen? Nach der klassischen Definition sicher nicht. Was dann? Nun über Klassifizierungen, Einreihungen, Ordnungskasteln mögen sich andere den Kopf zerbrechen. Halten wir uns an das, was da ist. Von wankelmütigen Weltbürgern, fadenscheinigen Biotopen und gutartigen Bühnenschönheiten steht im Untertitel. Auch werden im ersten Teil des Bandes 23 Romane angekündigt, die kein Ende finden. Das sind, ich bleibe bei Miniaturen, wer andere Bezeichnungen mag, soll sie sich suchen. Der Autor führt uns aufgrund seiner langjährigen Tätigkeiten rund um die Welt in diese hinaus, lässt uns skurille Typen erleben. Ob es die letzte Weihnachtsfeier des totkranken Joseph Roth 1938 in Paris ist, ein Verkauf eines renommierten Champagnergutes an einen internationalen Konzern oder die Uraufführung von 14 Orchestersuiten nach den Gärgeräuschen in den Flaschen des heranreifenden Champagners war – Renoldner legt seine Finger an die Stelle, auf die es ankommt, legt sein Ohr an jene Wand, hinter der genau das zu hören ist, was unwichtig aber hörenswert ist. Er scheut auch nicht den Aufstieg auf den oberösterreichischen Traunstein, um so nebenbei mitzuteilen, dass dort oben in der Gmundnerhütte die Portion Schinkenfleckerl € 4,50 kostet. Kleinigkeiten eben, sorgfältig aneinander gereiht, poliert und aufbereitet, sodass der Leser, jedesmal nach den zwei Seiten denkt, warum endet das jetzt? Allerdings, ein wenig Kritik sei auch gestattet. Wenn wir weiter lesen, zum zweiten Teil „aus fremden Städten und Ländern“ kommen, wird es etwas beliebig. Die Schilderung der Linzer Luft, des Stiftungsfestes im Internat in Kremsmünster, ja das sind Geschichten, die dem Leser unterkommen, untergekommen sind. Dazu braucht es doch noch einer Wiederholung? Anderseits die Wege mit Friedrich Heer, das Wachrufen der Erinnerung an diesen Großen Österreichs, das ist ganz bestimmt notwendig und verdienstvoll. An Friedrich Heer sollte mehr und öfter gedacht werden, als in ein paar schmalen Seiten eines Erzählbandes – vielleicht regt der Autor damit jemand an? Wünschenswert und notwendig wäre es!
Bei der weltweiten Tätigkeit des Autors bleibt es nicht aus, dass er die Leser mit Detailschilderungen aller möglichen (und auch unmöglichen) Stationen überfällt. Ob es die Museen sind (es ist gut zu wissen, in welchen gottvergessenen Nestern es Museen gibt), natürlich die Theater, ob diese in Paris, Bern, Italien, in den Weiten der USA sind, ob es zur Waldheimzeit in London war, Renoldner lässt uns wissen: Er war dort, er war dabei. „Kyselak war hier“ fällt einem unwillkürlich ein. Na klar, die „Diktatur der Anständigkeit“ in der Schweiz und da ganz besonders in Bern, ist für einen Österreicher schon eine gewisse Herausforderung – eigentlich erzählt jeder, der einige Jahre in diesem Land verbrachte, Ähnliches. Das ist Bedienen von Klischees, jedoch und das gesteht der Rezensent gerne zu, gut gemacht und amüsant geschrieben. Die Berliner Szenen gefallen sehr, auch weil sie die Abrissmanie gezielt aufs Korn nehmen und dem sinnlosen Wiederaufbau verschiedener historischer „Notwendigkeiten“ gegenüberstellen. Allerdings, damit komme ich zum Schluss, die Ausflüge in die Salzburger Provinz, ob Anthering oder im unmittelbaren Festspielbezirk, wären m. E. verzichtbar. Ebenso die Anekdoten aus dem Theaterleben, zu sehr erinnern einige an den drittklassigen Schauspieler, der in der kommenden Saison bei der Neuinszenierung von „Schneewittchen“ den vierten Zwerg hintergründig anlegen wird. Aber zu Füllung des Bandes und als heitere Zwischendurchlektüre sind auch diese Texte weit besser als vieles, was uns da unter diesem Sujet oft angeboten wird.


Hans Bäck
Europa Literaturkreis Kapfenberg

Das Sonntagsgedicht



Angeln

Flachhalten laut Angabe
nur nicht zu viel
eben glitschig Fisch

verwenden traurige Köder
nicht die Eigenen
Fisch reagiert empfindlich

ungewisse Erwartung
des Unangenehmen
sie reagieren reizbar
tauchen ab

in langen Sätzen werfen
die Angler neue Ohrwürmer aus
aber die Fische beißen nicht mehr

© HK®intelen  18.08.2016   (82)